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Herbert Vollmann gibt auf Grundlage der Gralsbotschaft von Abd-ru-shin Erklärungen zu aktuellen und zeitlosen Menschheitsthemen.

Die vier Bände der Gesamtausgabe im Überblick:

1. Der Weltenwanderer
2. Religiöse Themen in neuer Sicht
3. Neues Wissen zur Zeit der Weltenwende
4. Ein Blick in die andere Welt

Mehr über den Autor Herbert Vollmann erfahren Sie hier.

Der Weltenwanderer

Vorwort

Wer ist der Weltenwanderer? Niemand anders als der Menschengeist!
Er verläßt seine Heimat, das geistige Reich, auch Paradies genannt, als unbewußtes Geistsamenkorn und taucht zu seiner Entwicklung in die darunterliegende Welt der Stofflichkeiten. Nachdem er sich darin zum sichselbstbewußten Menschengeist entwickelt hat, ist es ihm möglich, in seine Heimat, das geistige Reich, als der »verlorene Sohn« zurückzukehren, um dort in frohem Schaffen ewig zu leben!
Auf seiner Wanderung durch das tiefe Tal der Stofflichkeiten braucht er allerdings zu seiner Orientierung verläßliche Wegweiser, damit er sich nicht verliert und womöglich in dunklen Strömungen untergeht.
In dem geistig aufzufassenden Gleichnis vom Sämann (Matth. 13,3–23) weist Jesus auf den Werdegang der Geistsamenkörner hin, wie ein Teil des Samens verlorengeht und ein anderer Teil auf guten Boden fällt.
Die Wegweiser findet der Mensch in den Gesetzen der Schöpfung.
In den nun folgenden Aufsätzen werden verschiedene Schöpfungsgesetze erklärt. Sie sind ewig und unveränderlich, weil sie von dem Allerhöchsten, von Gott geschaffen wurden. Daher geben sie dem Menschen auch heute noch den einzig sicheren Halt in der von ihm verdorbenen Welt, die er mit Katastrophen jeder Art angefüllt hat.
Das Befolgen dieser Gesetze, zu denen die Naturgesetze gehören, führt hinaus aus aller Unsicherheit, Ratlosigkeit und Mutlosigkeit, befreit von seelischer und irdischer Not. Jedem, in welcher Lage und welchem Zweifel, Glauben oder Unglauben er sich zur Zeit befinden mag, ist es möglich, sich mit den Schöpfungsgesetzen zu befassen und daraus Nutzen zu ziehen für sein gegenwärtiges Erdenleben. Es liegt allerdings in seinem freien Willen, es auch zu tun!
Vomperberg, im Mai 1993

 

Ausgleich zwischen Geben und Nehmen

Es gibt ein Gesetz, das ausschlaggebend ist für das Bestehen der ganzen Schöpfung: das Gesetz des notwendigen Ausgleichs zwischen Geben und Nehmen.
Alle Vorgänge in der Schöpfung unterliegen diesem Gesetz. Ob es nun das Kräftespiel der Himmelskörper oder das Gleichgewichtsempfinden des Erdenkörpers ist. Tagtäglich befolgen wir es, wenn auch zum größten Teil unbewußt, beim Aus- und Einatmen. Oder wir sind bemüht, irgend etwas »ins Gleichgewicht« zu bringen. Andererseits erleiden wir Schaden, wenn uns etwas »aus dem Gleichgewicht« bringt, im Großen wie im Kleinen, denn das Nichtbeachten dieses Gesetzes verursacht Stockungen und Störungen, bei anhaltender Mißachtung sogar Niedergang und Verfall. Denken wir nur an das Verhältnis zwischen Arbeit und Ruhe. Unnötige Übertreibung in der Arbeit schadet genauso wie ein bequemes Leben, ein »Sich-zur-Ruhe-Setzen«. Beides bringt Krankheit und vorzeitigen Tod. Nur der richtige Wechsel darin wirkt ausgleichend.
Der dauernde Ausgleich zwischen Geben und Nehmen schafft gesunde Bewegung, die allein Aufbau und Erhaltung bringt und den Geist belebt und erfrischt. Wo sich Geben und Nehmen die Waage halten, ziehen Harmonie und Frieden ein.
Das Geben steht dabei an erster Stelle, denn erst das Geben bedingt das Nehmen, genauso wie wir erst durch richtiges Ausatmen etwas geben müssen, um durch das dadurch bewirkte tiefe Einatmen belebende Stoffe empfangen zu können.
Deshalb sagte auch Jesus: »Geben ist seliger denn nehmen« (Apg. 20, 35). Wer selbstlos gibt, ob es nun irdische oder geistige Werte sind, gibt letzten Endes sich selbst am meisten, weil er die guten Früchte seiner guten Saaten vielfach empfangen darf!
Jedes Geben muß durch einen Gegenwert in irgendeiner Form ausgeglichen werden. Selbst ein mittelloser Mensch kann in diesem Sinne einen Ausgleich schaffen durch einen freundlichen Blick, einen von Herzen kommenden Dank oder einen guten Rat.
Derselbe Sinn liegt in dem Ausspruch von Goethe: »Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen« (Faust, 1. Teil). In dem Erwerben kommt das Sichmühen, die Arbeit zum Ausdruck, die erst gegeben werden muß, um etwas in Empfang zu nehmen und zu besitzen.
Auch die doppelte Buchführung kann hier als Beispiel angeführt werden, deren Zweck nicht in den doppelten Buchungen im Soll und Haben liegt, sondern in der Kontrolle des Ausgleichs zwischen Leistung und Gegenleistung. Goethe schrieb über diese Buchführung in seinem Roman »Wilhelm Meisters Lehrjahre«: »Welche Vorteile gewährt die doppelte Buchführung dem Kaufmann. Es ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder gute Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen« (1. Buch, Kap. 10).
Doch der Mensch konnte sie nicht erfinden, sondern nur finden als eine schwache Wiederholung des seit Beginn in die Schöpfung verankerten Ausgleichungsprinzipes.
Dieses Prinzip gilt natürlich ebenso für die geistigen Vorgänge. Von der geistigen Kraft, die der Schöpfer dauernd zur Erhaltung und Erweiterung in seine Schöpfung gibt, lebt auch der Geist des Menschen. Er formt mit dieser Kraft seine Empfindungen, Gedanken und Taten. Der Gegenwert aber, den er seinem Schöpfer für die Benützung als Ausgleich schuldet, ist der Dank, freudiger Dank in der Tat, das heißt in der richtigen Verwendung dieser Kraft. So ist auch der Dank in den Beziehungen der Menschen untereinander ein wichtiger Ausgleichswert, wenn er mit innerem Empfinden und nicht oberflächlich gegeben wird. Durch die einseitige Verwendung der geistigen Schöpfungskraft für Niedriges im Laufe von Jahrtausenden verlor der Menschengeist auf allen Gebieten des Lebens das Gleichgewicht. Er nahm und nahm von den reichen Gaben der Schöpfung, formte aus dem Genommenen fast nur noch Falsches und Übles und verlernte dabei das Geben.
Überrascht es uns da, wenn nun die ausgleichende Gerechtigkeit Gottes das Gleichgewicht wiederherstellt? Die immer ungestümer werdenden Geschehnisse auf der ganzen Erde sprechen doch eine deutliche Sprache.
Den steten Ausgleich zwischen Geben und Nehmen auf allen Gebieten des Erdenlebens streng und gerecht durchzuführen, ist eine große zukünftige Aufgabe der Erdenmenschen, die dann durch eingehende Kenntnis der Schöpfungsgesetze dazu in der Lage sein werden.
So wird das Gesetz des Ausgleichs zwischen Geben und Nehmen auch einst die Grundlage für eine wirkliche Völkerverständigung bilden. Es ist die Zeit, in der die Völker nebeneinanderstehend sich gegenseitig achten, helfen und fördern, in der Erkenntnis, daß jedes lebensfähige Volk, jede gesunde Rasse etwas besitzt, was unbedingt zur Vollendung des Ganzen gehört und was andere Völker und Rassen nicht haben. Es sind die irdischen und geistigen Werte, die das »Volksvermögen« ausmachen.
Zu den geistigen Werten gehören zum Beispiel die Fähigkeiten, die Begabungen, die Art und Stärke der Verbindung mit der Schöpfungskraft und ihre Verwendung; zu den irdischen Werten die Arbeitskraft, die sichtbaren und unsichtbaren Naturschätze wie die Kräfte des Wassers, des Feuers, der Luft, die Schätze der Erde, aber auch die Schönheit der Landschaften.
Alle diese Werte verpflichten zum Austausch. Kein Volk kann gerade die ihm vom Schöpfer anvertrauten Gaben und Schätze den anderen Völkern, die diese zur eigenen Ergänzung nötig haben, vorenthalten, ohne selbst Schaden zu nehmen. Denn ein Volk, das solche Werte nicht dauernd weitergibt, unterbindet dadurch den lebensnotwendigen Austausch. Doch soll der Austausch so durchgeführt werden, daß kein Volk das andere ausnützt. Immer müssen sich Geben und Nehmen die Waage halten.

Lohn und Strafe in den Schöpfungsgesetzen

Drei Grundgesetze der Schöpfung sind dafür von besonderer Bedeutung: das Gesetz der Schwere, das Gesetz der Anziehungskraft gleicher Arten und das Gesetz der Wechselwirkung. Wie alle Gesetze der Schöpfung sind auch die drei genannten Gesetze in allen sichtbaren und unsichtbaren Teilen oder Ebenen der Schöpfung einheitlich. Verschieden ist in den einzelnen Schöpfungsebenen nur die Form der Auswirkung.
Die Auswirkung des Gesetzes der Schwere sehen wir im Irdischen, wenn wir zum Beispiel ein Stück Eisen und ein Stück Kork ins Wasser legen. Das Eisen sinkt sofort infolge seiner Schwere, der Kork bleibt auf der Oberfläche. Drücken wir den Kork auf den Grund des Wassers und lassen ihn los, steigt er hoch. Genauso ist der Vorgang in der uns nicht sichtbaren Welt, wenn zum Beispiel der Mensch seinen Erdenkörper abgelegt hat. Der von dem Erdenkörper losgelöste feinstoffliche Körper sinkt, wenn wir ihn durch Hang zum Niederen schwer gemacht haben, an die Stelle im Jenseits, welche die gleiche Schwere hat. Dort findet er auch seine gleiche Art, denn gleiche Schwere bedingt gleiche Art. Oder der feinstoffliche Körper schwebt empor wie ein Kork in lichtere Gefilde, wenn wir ihn durch Streben nach Höherem und Reinerem leichter gemacht haben.
Das Gesetz der Anziehung der Gleichart finden wir in dem volkstümlichen Ausspruch »Gleich und gleich gesellt sich gern« treffend ausgedrückt. Tagtäglich erleben wir es, wenn sich Gleichgesinnte zu irgendeinem Zweck zusammenschließen, so wie es auch mitwirkt bei den großen Zusammenschlüssen der Kasten, Stände, Klassen und Parteien. Unter seinem Einfluß schließen sich aber auch gleichgeartete Gedanken zusammen und werden dadurch stärker in ihrer Auswirkung.
Schließlich bestehen auch das Eisen und der Kork, wie alle Materie, aus jeweils gleichen Einzelteilchen (Molekülen), die sich unter der Einwirkung des Gesetzes der Anziehung gleicher Arten zusammengefügt haben.
Das in der Schöpfung tätige Gesetz der Wechselwirkung entspricht genau den Bibelworten »Was der Mensch säet, das wird er ernten« (Gal. 6,7). Das gilt nicht nur für den Samen, den wir in die Erde legen. Auch unsere Empfindungen, Gedanken und Taten sind eine Saat, deren Ernte eines Tages für uns da ist, und zwar wie bei der irdischen Ernte in vielfachem Maße! Sie sind die Werke, die uns beim Tode nachfolgen, die wir mit hinüber nehmen in das Jenseits.
Immer stehen wir mitten in der vielfachen Ernte unserer guten und schlechten Saaten, eben in der Auswirkung des Gesetzes der Wechselwirkung. Es wechselt bei diesem Gesetz die Wirkung. Zuerst ist sie von dem Menschen in die Schöpfung hinausgehend und dann wechselt sie um in eine auf ihn zurückkommende Wirkung.
Hat der Mensch durch übles Wollen Unrecht getan und dadurch eine Schuld auf sich geladen, so muß er eines Tages mit einer erhöhten üblen Rückwirkung rechnen. Erhöht deshalb, weil das üble Wollen unterwegs durch die Anziehung der Gleichart verstärkt worden ist. Dieses Stärkerwerden durch Zusammenschluß kommt in dem Bibelwort »Sie säen Wind und werden Ungewitter ernten« (Hos. 8,7) zum Ausdruck. Bei rechter Einsicht bringt ihm die Rückwirkung die Ablösung, das heißt die Lösung vom Übel, womit die Schuld gesühnt ist. Andernfalls kann die Rückwirkung zu weiterem üblen Tun Nahrung geben. Es gibt auch noch die Möglichkeit, eine Schuld vorzeitig abzulösen, wenn sich der Mensch schon vor dem Einsetzen der Rückwirkung ernsthaft dem Guten zugewendet hat. Das rückströmende dunkle Schicksal wird dann durch die lichter gewordene Umgebung des Menschen so abgeschwächt, daß es sich im Irdischen nur noch symbolisch auslöst. Diese vorzeitige Ablösung einer Schuld ist eine der Gnaden Gottes, die in seinen Gesetzen mit verwoben sind.
So bewirken die drei Grundgesetze der Schöpfung sowohl den Lohn als auch die Strafe für den Menschen, und es ist jetzt auch zu verstehen, was die alttestamentarischen Worte »Die Rache ist mein; ich will vergelten« (5. Mos. 32,35) und »Auge um Auge, Zahn um Zahn« (5. Mos. 19,21), die bisher in ihrem tieferen Sinn nie verstanden worden sind, wirklich bedeuten.
Sie sind ein Ausdruck göttlicher Gerechtigkeit. Die »Rache« und die »Vergeltung« sind nichts anderes als die Rückwirkung der guten oder üblen Taten eines Menschen, die sich genau und gerecht nach den Schöpfungsgesetzen »Auge um Auge und Zahn um Zahn« vollzieht. In den Worten »Auge um Auge, Zahn um Zahn« kommt die gleiche Art der Wirkung und Rückwirkung, der Saat und der Ernte zum Ausdruck. Also Art um Art oder Leid um Leid, Freude um Freude. Wie aus Weizenkörnern immer nur Weizen wächst, so wird auch übles Wollen nur Übles bringen und gutes Wollen nur Gutes.
Diese Bibelworte sind also nicht irdisch zu verstehen, sondern im geistigen Sinne. Die »Rache« und die »Vergeltung« muß der Mensch den Gesetzen Gottes überlassen. Er darf sie nicht selbst ausüben, etwa aus persönlicher Rachsucht, dadurch, daß er dem Übeltäter auch ein Auge ausschlägt, wenn dieser es bei ihm getan hat. Denn es heißt ausdrücklich: »Mein ist die Rache, ich will vergelten! « Und diese »Rache« und »Vergeltung« ist bis ins kleinste gerecht, so gerecht, wie es der Mensch nie sein könnte.
So sind auch die Worte des Paulus an die Römer zu verstehen: »Rächet euch selber nicht, meine Liebsten, sondern gebet Raum dem Zorn (Wechselwirkung) Gottes; denn es steht geschrieben: »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr!« (Römer 12,19).

Religiöse Themen in neuer Sicht

Vorwort

In einer Zeit, in der in den deutschen Ländern um neue geistige Erkenntnisse gerungen wurde, rief Martin Luther seinen Mitmenschen das Evangelium Christi wieder ins Gewissen, daß der Mensch allein in das Reich Gottes finden könne ohne die Kirche. Er forderte die Abschaffung aller menschlichen Mittlerschaft zwischen Gott und den Gottsuchenden.
Damit zeigte er seinen Mitmenschen den verlorenen Weg in die geistige Freiheit, womit die Möglichkeit eines ungeahnten geistigen Aufschwunges gegeben war, der vermocht hätte, das Schicksal des deutschen Volkes zum Guten zu wenden.
Doch viele gingen den gezeigten Weg nicht, und Zank, Streit, Spaltungen, Zwietracht, sogar Glaubenskriege waren die traurigen Folgen dieser geistigen Weckrufe. Die Christenmenschen vergaßen schnell die Freiheit ihres Gewissens, indem sie ihren Geist durch starres Denken einengten.
Die mühsam gewonnene Freiheit wurde wieder in Buchstaben, Lehren und Formeln so eingezwängt, daß Lessing zweihundert Jahre später bedauernd schrieb: »Luther! Großer, verkannter Mann. – Du hast uns von dem Joche der Tradition erlöset: wer erlöset uns von dem unerträglicheren Joche des Buchstabens! Wer bringt uns endlich ein Christentum, – wie es Christus selbst lehren würde!« (Eine Parabel, 1778)
Heute ist die Einengung des Geistes, seine Kettung an die Materie so groß, daß eine Loslösung ohne die Hilfe Gottes nicht mehr möglich ist. Der Niedergang der Menschheit ist so weit fortgeschritten, daß wiederum wie vor der Sintflut die folgenschweren Worte ausgesprochen werden könnten: »Da reute es den HERRN, daß er die Menschen geschaffen hatte auf Erden, und es kümmerte ihn tief.« (1. Mos. 6,6)
Die Frage nach Gott ist zu einer Frage nach der Vorherrschaft des Verstandes geworden, der nur Werkzeug für das Vergängliche sein sollte, aber von den Menschen in freiem Entschluß auf den Thron des Geistes gehoben wurde. Er ist mit dem furchtbaren Tier in der Offenbarung (13,1) gemeint, das Johannes aus dem Meer der Stofflichkeit aufsteigen sah.
Wenn heute von einer neuen Reformation, von einer Reformation des 20. Jahrhunderts gesprochen wird, dann sollte zuallererst von einer Erneuerung des ewigen Geistes, also des inneren Menschen die Rede sein: Er muß von den Fesseln der Vergänglichkeit befreit werden, damit auch die Empfindung und das Gewissen wieder frei werden von der Verstandesherrschaft.
Es geht diesmal nicht um die Festlegung neuer Glaubenssätze, die dann wieder zu neuen Spaltungen und Streitigkeiten benutzt werden. Heute, in der Zeit gewaltiger Umbrüche auf allen Lebensgebieten, geht es wie noch nie in der Menschheitsgeschichte um Sein oder Nichtsein der ganzen Menschheit. Das Ringen im 20. Jahrhundert ist bestimmt von der Sehnsucht nach Wahrheit, nach der ganzen Wahrheit des menschlichen Seins in dieser Schöpfung mit dem Endziel einer wahren Gotterkenntnis. Deshalb ist dieses Ringen überkonfessionell.
Nur in der Demut kann der Menschengeist in diesem harten Ringen einen gnädigen Gott finden!

Vomperberg, im September 1995

 

Gott schweigt nicht!

Wenn der Erdenmensch stirbt, verläßt seine Seele den Erdenkörper und tritt in voller Gestalt in die jenseitige Welt hinüber.
Der Erdenkörper vergeht und mit ihm eines der wichtigsten Organe, das dem Menschengeist in der diesseitigen Welt hier auf Erden als notwendiges Werkzeug dient: das Gehirn!
In einem Teil des Gehirns, dem Großhirn oder Vorderhirn, werden die Gedanken erzeugt, aus denen zuletzt der Verstand zusammengestellt wird. Mit dem Tode stirbt auch dieser. Er ist vergänglich, weil die Stätte seiner Entstehung – das Gehirn – vergänglich ist. Nichts in dieser Schöpfung, ob im Irdischen oder Außerirdischen, kann über seine Art hinaus; weder in seinem Dasein noch in seinem Wirken. Es kann also zum Beispiel der Mensch sich nicht plötzlich in ein Tier verwandeln oder ein Tier wie ein Mensch denken und handeln, weil beide Schöpfungsarten grundverschieden sind. Daraus ergibt sich die überaus wichtige Schlußfolgerung, daß der Verstand nur jenes begreifen kann, das, wie er selbst, vergänglich ist. Er kann darüber hinaus nichts verstehen, was ewig ist, dazu fehlt ihm einfach die Art. Er vermag nicht über die Stofflichkeit seines Gehirns hinaus zu wirken.
Aber wir haben etwas anderes in uns, das uns befähigt, das Unvergängliche, das Ewige und sogar Gott zu erkennen, und das uns auch nach unserem irdischen Tode erhalten bleibt: den menschlichen Geist, der sich in der Empfindung äußert, die auch die innere Stimme genannt wird. Die Empfindung ist ein Teil des Gewissens. Sie weiß genau, was gut und übel ist. Ihre warnende oder bejahende Stimme ist nicht zu überhören, wenn sie der Mensch hören will. Wilhelm von Humboldt (1767–1835) schrieb darüber: »Jeder muß sich selbst ein Richter sein und ist es auch. Denn wo etwas Mißbilligung verdient, sagt dies die innere Stimme lauter und verwundender als fremder Tadel es je tun könnte.«
Ein Mensch, der demnach seine Empfindung unterdrückt und sich allein auf seinen Verstand verläßt, ist ohne Gewissen, handelt und denkt gewissenlos. Nach der Schöpfungsordnung ist der Geist der Herrschende und der Verstand der Ausführende. Das natürliche Zusammenwirken zwischen Geist und Verstand, jeder auf dem ihm bestimmten Platz, können wir mit Vernunft bezeichnen. Der Mensch hat dieses natürliche Verhältnis im Laufe seiner Entwicklung aus freiem Wollen verschoben; er wurde »unvernünftig«. Das ist die Erbsünde: das Zugroßziehen des Verstandes und die Unterdrückung des Geistes.
Daraus ergab sich im Laufe der Zeit das Versagen der Menschheit. Der unterdrückte Geist und der einseitig hochgezüchtete, an das Vergängliche gebundene Verstand sind das echte Menschheitsproblem, um das sich alles dreht. Alle anderen Probleme sind erst Folgeerscheinungen dieses einen Hauptproblems. Und hier ist auch die einzige schwache Stelle, wo es Luzifer, dem Antichristen, gelingt, sich die Menschen dienstbar zu machen.
Auf der Ebene der Vergänglichkeit, also in der Stofflichkeit, vermag er Menschen, die sich durch übertriebene Verstandestätigkeit an die Materie binden, für sein gottfeindliches Tun einzuspannen.
Das zu groß gezogene Vorderhirn wird immer weiter vererbt und damit die Veranlagung (nicht der Zwang! ), den lebendigen Geist des Menschen weiter zu unterdrücken und das Wollen des Verstandes dem Wollen des Geistes vorzuziehen, wie es schon Paulus sagte: »Ich habe eine Lust zu Gottes Willen nach meinem inneren Menschen (Geist), doch finde ich einen anderen Willen in meinem Fleische (Verstand), der will mich mit Sünden gefangennehmen.« (Röm. 7, 22–23)
In diesem Mißverhältnis zwischen Geist und Verstand liegt auch die Ursache zur Abkehr von Gott, und es überrascht nicht, wenn gesagt und geschrieben wird, daß heute die religiöse Grundfrage nicht mehr die Frage Martin Luthers sei, »wie kriege ich einen gnädigen Gott«, sondern: »Gibt es überhaupt einen Gott?«
Und weiter fragen die Menschen: »Wenn es einen Gott gibt, wie kann dann all das Schreckliche und Grauenhafte geschehen, das wir täglich sehen, hören oder erleben?« Die so fragen, zweifeln an der Gerechtigkeit Gottes. Sie sollten darüber nachdenken, daß die Urheber dieser entsetzlichen Auswirkungen die Menschen selbst sind. Sie haben in ihrer Trennung von Gott seine Gesetze mißachtet, darunter auch das einfache Gesetz vom Säen und Ernten, von dem das menschliche Denken und Tun nicht ausgenommen ist. Immer befindet sich der Mensch in der Ernte dessen, was er in vergangenen und im jetzigen Erdenleben ausgesät hat durch seine Empfindungen, Gedanken und Handlungen.
Wohl wird bei vielen Gelegenheiten gesprochen: »Dein Wille geschehe!« Aber wer macht sich klar, wie und wo dieser Gotteswille sich äußert, um ihn auch wirklich aus Überzeugung in sich aufzunehmen und nicht nur aus blindem oder angelerntem Glauben geschehen zu lassen?
Für den Menschen ist der Wille Gottes nur in der Schöpfung mit ihren unabbiegbaren Gesetzen zu erkennen. Selbst die Wissenschaften erkennen die Tatsache dieser Gesetze und ihrer Unabänderlichkeit an, auch wenn sie den Ursprung dieser Gesetze leugnen, nicht kennen wollen oder aus ihrem Denken ausschließen. Niemand kann bestreiten, daß wir uns selbst schaden, wenn wir gegen die Naturgesetze handeln. Diese Gesetze aber gehören zur Sprache Gottes. Das Einhalten dieser Gesetze bedeutet nichts anderes, als Gottes Willen zu erfüllen und seine Sprache zu verstehen.
Gott schweigt nicht. Es sind die Menschen – und es sind sehr viele – welche sagen, daß Gott schweigt, daß Gott auf sich warten läßt, daß die Menschheit sich gegenwärtig in einem Zustand der Gottesferne befinde. Sie schreiben darüber Bücher und drehen Filme, sie errichten darauf ganze Lehrgebäude.
Was sollen all diese Aussagen bezwecken? Ist es Unruhe oder Angst, daß es doch anders sein könnte? Oder soll damit das Gewissen eingeschläfert werden? Doch gerade das Gewissen läßt vielen Menschen keine Ruhe. Denn es besteht in der Tat eine echte Gewissensnot, die aus der bevorzugten Bindung des Menschen an die Materie entsteht, zu der auch das Gehirn als Sitz des Verstandes gehört, und aus der noch nicht ganz unterdrückten inneren Stimme. Sie läßt ahnen, daß es anders sein muß mit der Gottesferne, daß es der Mensch ist, der sich von Gott entfernte, indem er zwischen sich und seinem Schöpfer aus eigenem Wollen eine Schranke errichtete, die ihn von Gott trennt. Er selbst verschließt sich seiner geistigen Kraft, die seit Schöpfungsbeginn die Schöpfung ohne Unterlaß durchströmt und ohne die der Mensch überhaupt nicht leben kann.
Aber noch andere Kräfte sind an der Bildung unseres Gewissens beteiligt: die jenseitigen Helfer, die uns leise drängen, raten, mahnen und warnen. Würden wir auf ihre Stimmen hören, würde bald unser schwaches Ahnen immer mehr erstarken, bis wir die Gewißheit haben, daß es in Wirklichkeit der Mensch ist, der auf den immerwährenden Anruf Gottes schweigt. Gott spricht ständig zu den Menschen durch seine Schöpfung. Die ganze sichtbare und unsichtbare Schöpfung ist seine Sprache.
Gerade die Menschen, die weder an die Worte der Bibel noch an Gott glauben und sagen: »Wir glauben nur an das, was wir sehen, wir halten uns an Tatsachen, weil wir diese verstehen«, sie merken es nicht einmal mehr, daß sie diese Tatsachen täglich, stündlich vor Augen haben.
Die ganze Schöpfung und mit ihr die Erde und die Natur sind Tatsachen, die von Gott sprechen. »… Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen, so man das wahrnimmt, an den Werken, nämlich an der Schöpfung der Welt …«, schrieb Paulus an die Römer (Röm. 1,20).
In der Schöpfung offenbaren sich die Wirklichkeit und Vollkommenheit Gottes, nach denen die Theologie heute fragt und sucht.
Betrachten wir die Wunderwerke der Natur, angefangen bei dem winzigen Bau eines Atoms bis zu den im Gleichmaß sich bewegenden, gewaltigen Sternenwelten, dann offenbart sich dem wachen menschlichen Geist eine ewige Ordnung, die vollkommen ist, weil sie aus der Vollkommenheit des göttlichen Willens hervorgeht.
Eine solche Ordnung kann sich nicht aus einem vor der Weltschöpfung ungeordneten Urstoff (Chaos) oder aus dem Nichts geformt haben. Es bliebe dann immer noch die Frage: wer oder was ließ das Chaos entstehen und formte es oder wer oder was schuf die Ordnung aus dem Nichts.
Keine Lehre über die Entstehung der Welt kann begründen oder verständlich machen, daß die Welt »aus sich selbst« entstanden sei. Die Frage nach dem letzten Grund, nach der Ursache, bleibt. Sie ist gleichbedeutend mit der Frage nach Gott.
Die Schöpfungsordnung ist eine Formung, eine Gestaltung, die logisch eine Kraft bedingt, durch welche sich die Ordnung vollzogen hat. Für den Ursprung dieser Kraft gibt es nur einen Namen: Gott. Das, was aus Gott wirkt, ist sein heiliger Wille, der göttliche Wille. Dieser Wille durchzieht alle Schöpfungsteile, ob sie sofort erschaffen wurden oder sich erst in langen Zeitläufen entwickelten oder noch in der Entwicklung begriffen sind.
Die heute in Verbindung mit einer Vorstellung von Gott und seiner Schöpfung oft gestellte Frage: »Evolution« (Entwicklung) oder »Schöpfung Gottes« ist falsch. Denn die Schöpfung enthält beides: Urschöpfung und entwickelte Schöpfung. Alle Schöpfungsteile aber, die geschaffenen und die entwickelten, haben den gleichen Ursprung aus Gott, weil es nur eine Gotteskraft gibt, aus der alles geformt wurde und sich entwickelte, und dies alles ist den gleichen Gottgesetzen unterworfen.
Die geistige Urschöpfung erstand als erste Schöpfung bei den Worten »Es werde Licht«. Sie befindet sich unterhalb der göttlichen Sphäre. Die in der Bibel im 1. Buch Mose enthaltene Schöpfungsgeschichte über die sieben Schöpfungstage bezieht sich auf diese erste Schöpfung und nicht auf die Erde. Dieser Schöpfungsbericht hat keinen symbolischen Charakter, sondern gibt Erklärungen über tatsächliche geistige Vorgänge, die in unermeßlichen Höhen vor sich gingen.
Es ist logisch, daß mit der Schöpfung, die Gott am Anfang (1. Mos. 1,1), also zuerst schuf, nicht die Erde gemeint sein kann, die am weitesten von Gott entfernt ist und deshalb bis zu ihrem heutigen Zustand einen langen Werdegang hatte.
Wenn wir uns die Worte vergegenwärtigen, die Paulus an die Epheser über Jesus schrieb (Eph. 4,10): »Der hinuntergefahren ist, das ist derselbe, der aufgefahren ist über alle Himmel …«, so sagen sie deutlich, daß zwischen der Erde und dem Göttlichen, aus dem Jesus kam, noch geistige Reiche (Himmel) sind. Auch darin liegt ein Hinweis, daß die Erde nicht die erste Schöpfung sein kann.
Gott schuf auch seine Schöpfung nicht aus dem »Nichts«, wie dies allgemein angenommen wird, sondern es war seine schöpferische Kraft, seine Ausstrahlung, die bei den Schöpfungsworten »Es werde Licht« hinausströmte in das lichtlose All. Und aus dieser lebendigen Kraft formte und entwickelte sich alles. In manchen alten Schöpfungsmythen wird der Akt der Schöpfung so gedacht, daß das höchste Wesen die Schöpfung aus sich selbst, und zwar aus seinem Herzen oder anderen Teilen seines Körpers schuf. Diese bildlich symbolische Wiedergabe veranschaulicht deutlich, daß ein »Schöpfungsmaterial« dagewesen ist und auch heute noch da ist, daß also die Schöpfung keinesfalls aus dem »Nichts« entstanden ist.
Es stimmt deshalb sowohl die Schöpfungsgeschichte der Bibel als auch die wissenschaftliche Erkenntnis von der Entwicklung der Welt. Deswegen braucht keiner in seinem Glauben schwankend zu werden. Denn auch Entwicklung ist gottgewollt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Menschengeist selbst. Wenn er auch ewig ist, so ist er doch nicht gleich vollbewußt erschaffen worden. Er muß sich erst aus einem unbewußten »Geistsamenkorn«, das in natürlichem Vorgange aus dem geistigen Reiche (Paradies) »ausgestoßen« wurde, zu einer vollbewußten Persönlichkeit emporarbeiten; in einer Welt, die ebenfalls der Entwicklung unterliegt. Im Kampfe mit ihren fremdartigen Einflüssen soll er seine Erfahrungen sammeln und gleichzeitig durch seinen Geist seine Umgebung veredeln, bis er nach und nach so reif wird, daß er in das Paradies zurückkehren kann. Er ist gleich dem verlorenen Sohn, der wieder in seine geistige Heimat zurückfindet.
Aber auch dort ist er noch unendlich weit von Gott entfernt. Nie kann ein Menschengeist seinem Gott persönlich gegenübertreten, weil Er in unnahbaren Fernen thront. So »nah«, wie sich die Menschen Gott denken, ist Er nicht, denn »so viel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken« (Jes. 55,9). Nah ist Gott den Menschen nur dann, wenn ein Teil von ihm (Sohn) in der Nachschöpfung (Welt) weilt.
Doch der Mensch hat die Fähigkeit, Gott an seinen Werken zu erkennen. Er ist in der Lage, von diesen Werken auf ihren Schöpfer zu schließen, auf seine Vollkommenheit und Erhabenheit. Auf diesem Wege kann er nach und nach zu dem rechten Gottesglauben, zur wahren Gotterkenntnis gelangen, zum Erahnen der Größe Gottes.
Weil der Mensch als Geschöpf zu diesem Werk gehört, ist es nur natürlich, daß er nach seinem Schöpfer und seinen Werken fragt. Bei normaler geistiger Entwicklung wird der Mensch auch das Bestreben und Sehnen haben, sich mit dem Schöpfer in Verbindung zu setzen. Er wird dabei erleben, daß eine unbedingte Abhängigkeit des Werkes vom Schöpfer vorhanden ist, die es dem Menschen unmöglich macht, jemals Erschaffer oder Meister selbst zu sein oder zu werden.
Seit der Mensch sich in der Welt aufhält, trägt er diese Sehnsucht in sich. Er hat sie als Erbe aus seiner ewigen Heimat mitgebracht, die Lichtsehnsucht. Sie ist ihm eingepflanzt und leitet ihn sicher dem Ziele zu, wenn er wach bleibt. Mehr und mehr werden durch Funde und Ausgrabungen Anzeichen und Beweise dafür gefunden, daß schon in grauen Vorzeiten, weit vor der Zeit der Aufzeichnung des Alten Testamentes, die damaligen Menschen ein höchstes Wesen anbeteten und verehrten. Denn Gott war und ist immer da.
Heute ist dieses Gottsuchen und Gotterleben verschüttet durch die immer mehr zunehmende Erdgebundenheit des Menschen. Der zum Herrscher erhobene Verstand versperrt den Weg zu den Möglichkeiten des Erkennens. Er ist es auch, der behauptet, Gott sei tot. Doch nicht Gott ist tot, sondern der Geist des Menschen hat sich durch den Hang zum Vergänglichen so einmauern lassen, daß er wie tot ist. In diesem trüben Zustand kann er nicht anders, als Gott für tot zu halten.
»Gott ist tot« sagen heute bereits viele Christen auf der ganzen Erde. Sogar christliche Theologen behaupten dies, weil die Existenz eines Gottes nicht nachprüfbar sei. So überrascht es nicht mehr, wenn man heute immer mehr von einem »christlichen Atheismus« sprechen hört, so widersinnig diese Worte auch sind. Oder es kommt zu der grotesken Forderung, daß das Geschöpf »Mensch« von seinem Schöpfer Beweise dafür verlangt, daß der Schöpfer überhaupt existiert.
All diese Abwegigkeiten sind Trugschlüsse des Menschen, der den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Er steht inmitten Gottes wundervoller Schöpfung, ist selbst ein Teil dieser Schöpfung und erkennt sie nicht als solche, weil er sich durch Festklammern an die Materie den Blick für das Große, Wesentliche trüben läßt, obwohl es sich ihm in dem Werk des Schöpfers geradezu aufdrängt.
Seelische Erschütterungen werden es ermöglichen, die Umklammerung durch die Materie, zu der auch der Verstand gehört, allmählich zu lockern, so daß der Menschengeist wieder fähig wird, die Sprache seines Gottes zu verstehen.
Denn: Gott schweigt nicht! Es liegt nur an dem Menschen, wenn er ihn nicht hören und erkennen kann!

 

Die Schöpfungsgeschichte

»Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.« (1. Mos. 3) Auf dieses große Wort hin schossen die Strahlen über die Grenze der göttlichen Sphäre hinaus in das lichtlose All. Das war der Beginn der Schöpfung.
Diese Strahlen enthielten zwar alles, was zur Schaffung der Schöpfung nötig war, aber sie waren nicht Gott selbst.
Gott blieb außerhalb seiner Schöpfung und ging nicht in ihr auf, wie es etwa der Pantheismus besagt. Nach dieser Lehre soll Gott in jeder Blume, jedem Baum usw. anwesend sein. Ein Künstler, der ein Werk geschaffen hat, geht auch nicht in seinem Werke auf. Er steht neben seinem Werk. Genauso ist das Verhältnis zwischen Gott und seinem Werk, der Schöpfung, die nur durch seine Ausstrahlung entstand.
Es darf ferner nicht angenommen werden, daß die erste Schöpfung, die Gott schuf, gleich das Paradies der Menschengeister oder die Erde war. Die Schöpfungsgeschichte der ersten sieben Tage, wie sie im ersten Buch Mose geschildert wird, betrifft die Urschöpfung. Sie ist geistiger Art und befindet sich unterhalb der göttlichen Sphäre. Der Schöpfungsbericht hat keinen symbolischen Charakter, sondern gibt Erklärungen über tatsächliche geistige Vorgänge in unermeßlichen Höhen und Weiten.
Man darf sich auch nicht dadurch beirren lassen, daß in dem Schöpfungsbericht das Wort Erde gebraucht wird. Es ist nicht »örtlich« auf unseren Planeten zu beziehen, sondern es gilt als Schöpfungsbegriff für das »Trockene«: »Und Gott nannte das Trockene ›Erde‹ und die Sammlung der Wasser nannte er ›Meer‹.« (1. Mos. 1,10) Damit werden Beschaffenheiten der Urschöpfung erklärt, die auch dort vorkommen, aber in anderer, leichterer Art als auf der Erde. Deshalb gibt es auch schon in der Urschöpfung Berge, Wälder, Wiesen, Meere, Tiere, Menschen in einer unvorstellbaren Schönheit und Vollendung als Vorbilder für alle nach dieser ersten Schöpfung entstandenen weiteren geistigen Schöpfungen, deren unterste erst das Reich der Menschengeister, das Paradies ist.
Wenn es nun in Vers 27 des ersten Buches Mose heißt: »Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde«, so bezieht sich das auf die ersten Menschen in der Urschöpfung, also auf die »Urgeschaffenen«. Es sind geistige Idealgestalten, die nie auf der Erde waren, Vorbilder für alles weitere Entstandene, Entwickelte und für das, was sich noch entwickeln wird.
Diese sofort voll bewußten ersten Menschen, die Urgeschaffenen, sind nicht etwa göttlich, sondern geistiger Art, denn Gott schuf sie nur nach seinem Bilde, nicht nach seiner Art.
Die Menschengeister aber haben ihre Wiege erst in dem tiefer gelegenen geistigen Reich, dem Paradies. Sie sind nicht urgeschaffen, sondern der Entwicklung unterworfen. Genau so, wie es in der Natur Samen und Keime gibt, so sind auch Geistkeime vorhanden, die sich an der untersten Grenze des Paradieses befinden. Sie haben als Keime noch kein Bewußtsein, aber den Drang dazu, und dieser ist es auch, der sie aus dem Paradies »treibt«, anders ausgedrückt: sie werden aus dem Paradies »ausgestoßen« in die darunter liegende Nachschöpfung oder Welt, die aus der Feinstofflichkeit und Grobstofflichkeit besteht. Zu der letzteren erst gehört die Erde.
Die Nachschöpfung ist keine sofortige Schöpfung, sondern das Produkt einer jahrmillionenlangen Entwicklung nach den Gesetzen der Schöpfung, so wie es die Wissenschaft richtig aufgezeichnet hat, genau in der gleichen Reihenfolge, wie sie in dem biblischen Bericht über die erste Schöpfung genannt wird: Gräser, Pflanzen, Wassertiere, Vögel, Landtiere, Menschen. Hier in der Nachschöpfung sind diese nicht mehr unmittelbar geschaffen, sondern in langer Entwicklung geformt nach den Urbildern der Schöpfung. Es ist daher logisch, daß mit der Schöpfung, die Gott am Anfang schuf (1. Mos. 1,1), nicht die Erde gemeint sein kann, die am weitesten von Gott entfernt ist und deshalb bis zu ihrem heutigen Zustand einen langen Werdegang hatte.
Nur in der Stofflichkeit vermögen die aus dem Paradies kommenden Menschengeistkeime durch Erfahrungen und Erleben zur Persönlichkeit zu reifen, und hier ist es vor allem die Erde, die die Möglichkeit dazu bietet, weil sie hier jenes Erleben und Aneinander-Reifen finden können, welches das Sichselbstbewußtsein zu erwecken und zu fördern fähig ist. Im Paradies ist dies nicht möglich. Wie aber kamen die ersten Menschengeistkeime zu einem Werkzeug aus Fleisch und Blut, als es noch keine Menschenmütter auf der Erde gab, in die sie hätten inkarnieren können?
Es war ein einmaliger, nicht wiederkehrender Vorgang, der sich gemäß den Schöpfungsgesetzen in der weiteren Fortentwicklung der Stofflichkeit ergeben hatte: Die Geistkeime männlicher und weiblicher Art inkarnierten in werdende Körper der damaligen höchstentwickelten Tiere und benutzten sie so als Brücke in das Erdensein. So ging die bis heute rätselhafte Menschwerdung auf Erden vor sich. Das Rätselhafte verschwindet sofort mit dem Wissen um die Fleischwerdung, die Inkarnation. Die Inkarnation ist der Eintritt der Seele in den werdenden Kindeskörper um die Mitte der Schwangerschaft. Dieser Vorgang ist heute noch derselbe wie damals. Nur daß es zu jener Zeit edle Tiere waren, die für die ersten Geistkeime als Übergang zur Erde dienten.
Durch seine geistige Herkunft ist der Mensch das höchste Geschöpf in der Nachschöpfung, der Welt, und kann deshalb als Krone dieser Schöpfung bezeichnet werden. Erst diesen Schöpfungsteil, zu der auch die Erde gehört, kann er sich »untertan« machen und ihn beherrschen unter strenger Einhaltung der Schöpfungsgesetze.
Wenn versucht wird, die Würde des Menschen anzutasten, weil eine naturgeschichtliche Verwandtschaft mit der Tierwelt vorliegt, so ist das verfehlt. Die Verwandtschaft bezieht sich nur auf den übernommenen Tierkörper, nicht aber auf den Inhalt; denn Geist und Tierseele sind grundverschiedene Arten.
Der Zoologe Thomas Henry Huxley (1825–1895) drückt diese Verwandtschaft so aus: »Wir mögen daher ein System von Organen vornehmen, welches wir wollen, die Vergleichung ihrer verschiedenen Ausprägungen in der Affenreihe führt uns zu einem und demselben Ergebnis: daß die anatomischen Verschiedenheiten, welche den Menschen vom Gorilla und Schimpansen scheiden, nicht so groß sind wie die, welche den Gorilla von den niedrigeren Affen trennen.« (Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur, 1963, G. Fischer Verlag Stuttgart) Es ist derselbe Th. H. Huxley, der sich über Wiederinkarnierungen wie folgt äußerte: »Nur die Reinkarnationslehre könnte ein Bild des Lebens vermitteln, das gerecht wäre.«
Aus den vorhergehenden Erklärungen sehen wir, daß außer der sofortigen Schöpfung (Urschöpfung) auch eine Entwicklung da ist. Sie ist vom Schöpfer gewollt und vorgesehen. Die Schöpfungsgeschichte des 1. Buches Mose (Genesis) darf nicht so eng ausgelegt werden, als ob es nur eine sofortige Schöpfung gibt; andererseits kann aus der Lehre Darwins nicht einseitig nur eine Entwicklung (Evolution) gefolgert werden. Es gibt beides.
Selbst der Mensch ist von einer Entwicklung nicht ausgenommen. Sie beginnt, nachdem er das Paradies als Geistkeim verlassen hat, mit der Erweckung der in ihm schlummernden edlen und reinen Fähigkeiten und findet ihren Höhepunkt in dem Sichselbstbewußtsein einer Persönlichkeit mit freiem Willen, der volle Verantwortung bedingt.
Als Bindeglied zwischen dem geistigen Reich und der darunter liegenden Welt ist er in der Lage, Strahlungen geistiger Art zu vermitteln und damit alles zu veredeln.
Und wenn er dereinst in seine geistige Heimat – das Paradies – zurückkehren darf als geistig voll entwickelte, also gereifte Persönlichkeit, bleibt sein Wirkungsfeld weiterhin die Nachschöpfung. Er ist dann fähig, vom Paradies aus mitzuhelfen an dem Ausbau der dann unter ihm liegenden Nachschöpfung, die er aus eigener Anschauung gründlich kennenlernte. In dieser Tätigkeit liegt überhaupt der Sinn des Lebens. Der vorherige Aufenthalt in der Nachschöpfung dient nur zur notwendigen Entwicklung, um die Vollreife seiner Persönlichkeit zu erlangen, die allein ihm die bewußte Wiederkehr in das Paradies ermöglicht zum ewigen Mitwirkendürfen in der Schöpfung.
Die Nachschöpfung ist die dem Vorbild der Urschöpfung nachgeschaffene Welt der Stofflichkeit. Hierzu gehören sieben gewaltige in sich abgeschlossene Weltenteile, die sich in langen Zeitläufen in verschiedenen Strahlungspunkten bildeten und einen Riesenkreislauf vollführen.
Jeder Weltenteil hat einen Schöpfungsnamen. In der Offenbarung des Johannes werden diese Weltenteile als Gemeinden, also Weltgemeinden mit folgenden Namen bezeichnet: Ephesus, Smyrna, Pergamos, Thyatira, Sardes, Philadelphia, Laodicea (Off. 1,11). Jede Weltgemeinde hat einen Engel als Hüter.
Die Größe der Weltenteile vermögen wir uns nicht vorzustellen, ebensowenig die Weiten, die zwischen ihnen liegen. Wir brauchen nur in unser Weltall zu sehen. Alles, was wir mit Hilfe der größten und schärfsten Instrumente zu entdecken in der Lage sind, die Milliarden Sterne in unvorstellbaren Größen und Entfernungen, dürfte wohl noch zum Weltenteil Ephesus gehören. In diesem bewegt sich als winziger Punkt unsere Erde als Trabant der Sonne.
Nie kann ein Erdenmensch mit seinem Erdenkörper in einen anderen Weltenteil gelangen. Das ist nur dem Geist möglich, wenn er sich in einen Körper der dort vorhandenen Stofflichkeit inkarniert, deren Beschaffenheit im Vergleich zu unserer groben Stofflichkeit mehr oder weniger dicht ist.
Wenn wir aus den Botschaften an die Weltenteile (Off. 1,20 bis 3,22) auch nicht entnehmen können, daß es in unserem Weltenteil außer der Erde noch weitere bewohnte Sterne gibt, so vermögen wir daraus doch den Schluß zu ziehen, daß es in den anderen Weltenteilen ebenfalls Weltenkörper gibt, auf denen Menschen leben, die genauso gesündigt haben wie die Erdenmenschen. Daß diese Menschen keine Phantasiegestalten haben, sondern dieselben Körperformen wie die Erdenmenschen, ist selbstverständlich. Denn die Menschenform ist eine Eigenart des Menschengeistigen in der ganzen Schöpfung, und danach formen sich auch die jeweiligen Umhüllungen.

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ISBN 978-3-87860-328-3
作者 Herbert Vollmann
尺寸 10,3 x 22,5 cm
格式 Vier Bände im Schuber
页数 1016
语言 Deutsch
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